Vor Jahren gelesen und nun wieder neu inspiriert vom Buch "Das Cafe am Rande der Welt" von John Strelecky möchte ich Dich heute einladen, sich an die Frage aller Fragen zu erinnern... Im Roman wird diese als die 3. Frage auf der Rückseite der Speisekarte genannt...
1. Warum bist Du hier?
2. Hast Du Angst vor dem Tod?
3. Führst Du ein erfülltes Leben?
Diese drei Fragen werden jedem gestellt, der das Cafe am Rande der Welt betritt und dort etwas bestellt. Was demjenigen serviert wird, ist weit mehr als Essen. Es werden Fragen an die eigenene Seele gestellt. Und sie gehen unter die Haut.
Hast Du jemals schon über diese Frage nachgedacht? Tust Du jeden Tag das, was Dir Freude bereitet? Gehst Du gerne zur Arbeit? Was macht Dir überhaupt Freude und ist für Dich erfüllend?
So viele Menschen können keine spontane Antwort darauf geben, weil sie noch nie darüber nachgedacht haben oder weil ihnen gar nicht klar ist, was für sie erfüllend ist. Sie haben kaum Kontakt zu ihrer inneren Welt der Gefühle und Gedanken. Sie fühlen sich nicht.
Mich, als Heilpraktikerin für Psychotherpie, beschäftigt vor allem dieser Zusammenhang. Wieso spüren die Menschen sich nicht? Weshalb nehmen sie ihre eigenen Gefühle, Emotionen, ihren Körper gar nicht wahr? Denn würden sie es - rechtzeitig - tun, würden sie nicht krank. Burnout, Depressionen, Schlafstörungen, Ängste, Zwänge, psychosomatische Erkrankungen, innere Unruhe und viele andere Beschwerden würden gar nicht erst entstehen, wenn die Betroffenen sich, ihren Körper und ihre Gefühle bewusst wahrnehmen könnten.
Meiner (auch persönlichen) Erfahrung nach, ist dieses sich Nicht-Fühlen-Können eine Folge aus früheren - sehr schmerzvollen Erfahrungen. Meistens sind sie fast so alt, wie wir selbst. Ein Baby braucht direkt nach der Geburt sofortige Absicherung, dass es versorgt wird, mit Nahrung, mit Wärme und was noch viel wichtiger ist, mit Liebe. Das Baby braucht die absolute Sicherheit, dass es bei der Bezugsperson - dabei muss es nicht unbedingt die eigene Mutter oder der Vater sein - dass es angenommen ist. Die Wärme der Haut, gute Nahrung, und vor allem Zuwendung - zu jeder Tages- und Nachtzeit. Es braucht die Sicherheit, dass seine Mutter (oder Bezugsperson) es emotional auffangen kann. Es kann seine Gefühle und Emotionen noch gar nicht selbst regulieren, weil sein Nervensystem noch lange nicht vollständig ausgebildet ist. Es braucht dringend eine Mutter, die fürsorglich, verständnisvoll, ausgeglichen und geduldig das Nervensystem des Babies mit ihrem eigenen Nervensystem reguliert, indem sie es streichelt, ihm gut zuredet, es beruhigt. Es verlangt die vollständige Präsenz der Mutter, körperlich und vor allem emotional, damit das Baby sich geborgen und geliebt fühlt.
Wenn das Kind diese frühen, so unbedingt notwendigen Erfahrungen der Sicherheit und Geborgenheit - aus welchen Gründen auch immer - nicht machen kann, dann fühlt es große Angst, die sich bis hin zu Panik steigern kann. Passiert es öfters, führt es zu unerträglichem seelischen Schmerz, welcher das Baby total überfordert. Was dann zwangsläufig geschehen muss, ist Abspaltung dieser unerträglichen Gefühle. In der Fachsprache nennt man das Dissoziation. Die Psyche des Babys spaltet den Schmerz ab. Es trennt sich, wenn auch nur zeitlich begrenzt, vom Körper ab.
Was als Schutz fürs Überleben des Organismus gut funktioniert, wird als eine Nervenbahn im Gehirn angelegt. Wird diese Nervenbahn oft benutzt, entsteht daraus eine Autobahn.
So entsteht schon ganz früh ein Mechanismus, der uns als Mensch ein Leben lang begleiten kann. Wenn wir unangenehme Gefühle spüren, dissoziieren wir. Wir trennen uns vom Körper (unbewusst) ab. Natürlich kann es in den frühen Jahren der Kindheit sinnvoll sein, diese Strategie bei unlösbaren Problemen zu wählen, doch spätestens im Erwachsenenalter (oft um das 40. Lebensjahr rum), kommen die Schatten der Vergangenheit hoch.
Und solche Fragen wie "Führst Du ein erfülltes Leben" können kaum beantwortet werden, weil wir als Menschen verlernt oder nie gelernt haben, wirklich zu fühlen, zu spüren, was uns guttut und was nicht. Wir nehmen es nicht wahr, wenn wir Erholung brauchen, wir nehmen es nicht wahr, wenn jemand unsere persönlichen Grenzen (und das immer wieder) überschreitet. Wir nehmen nicht den inneren Widerstand wahr, mit dem wir täglich zur Arbeit gehen und erschöpft nach Hause kommen, ohne zu wissen wieso.
Der Weg zurück in den eigenen Körper, in das Wahrnehmen kann anstrengend sein, weil man dann auch den ganzen verdrängten, unangenehmen Gefühlen wieder begegnet.
Doch je mehr wir uns selber spüren, desto mehr kommen wir auch mit den Emotionen wie Freude, Fülle, Dankbarkeit, innere Ruhe in Kontakt. Wir spüren uns wieder und erleben den Alltag anders als früher. Lebendig, kraftvoll und vor allem intensiver als früher. Und erst dann wird möglich, zu erkennen, was uns Kraft raubt und was uns erfüllt.
Ich danke Dir von Herzen, dass Du mir Deine Aufmerksamkeit geschenkt hast.
Alles Liebe,
Deine Tatjana